Kann ich überhaupt bereit sein?

 

Flug gebucht, Koffer gepackt – alles doppelt und dreifach gecheckt. Über ein halbes Jahr Vorbereitungen, endlose Gespräche mit Freunden, Familien, Ansprechpartnern und jetzt ist es wirklich so weit. Ich habe jedes verfügbare Material über Land, Leute, Stadt und Dorf mehrfach durchgelesen und aufgesogen. Ich weiß eigentlich alles. Aber ob ich bereit bin? Ganz sicher nicht. In den letzten Monaten, Wochen und Tagen ist mir das ziemlich deutlich geworden: Wirklich bereit sein kann ich doch gar nicht. Zu viele Variablen, zu viel Ungewisses. Ein neues Land mit Menschen, deren Sprache ich nicht verstehe und deren Gewohnheiten ich nicht kenne. Laut YouTube und Wikipedia sind die Menschen in Lettland verschlossen, kühl und distanziert – aber aus genau den gleichen Quellen habe ich schließlich gelernt, dass ich als Deutsche literweise Bier pro Jahr konsumieren müsste…

 

Doch wenn ich dann doch mal zurückblicke, fällt mir auf, wie viel ich eigentlich schon weiß. Kurz bevor ich meine Bewerbung abgeschickt habe, musste ich mich nochmal versichern, dass ich auch wirklich weiß, wo Lettland liegt. Und mittlerweile bin ich Profi darin, jedwedem Topografielegastheniker die genaue Lage dieses süßen kleinen Fleckes auf der Landkarte zu erklären. Die anderen Standardfragen beantworte ich auch schon im Schlaf – was spricht man da? Wie kommt man denn auf Lettland? Wird das nicht eh bald alles von Russland annektiert? Doch diese ganzen grundlegenden Fakten werden mich in den nächsten 11 Monaten nicht sonderlich weit bringen – schließlich muss ich auf einmal alleine wohnen, einkaufen, waschen und eigenständig arbeiten.

 

Je näher meine Abreise kommt, desto unsicherer werde ich, desto mehr fällt mir auf, wie ahnungslos ich bin. Sorgen über jedes kleinste Detail, sich ausmalen, was alles schiefgehen könnte (Spoiler: ALLES könnte schiefgehen). Trotzdem ist da diese Freude darüber, eben einmal nicht top vorbereitet sein zu können, sondern sich einfach spontan anpassen zu müssen. Das Meiste werde ich eben vor Ort lernen. Und wenn mich die Vorurteile schon nicht weiterbringen, gibt es bestimmt ein YouTube-Tutorial übers Wäschewaschen.

 

 

 

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